Vertrauen geht oft unbewusst verloren
Vertrauen ist einer der wichtigsten Bestandteile einer gesunden Beziehung. Über die Jahre hinweg gibt es in jeder Beziehung Ereignisse, die dein Vertrauen in deinen Partner in Frage stellen. Manchmal bemerkst du das gar nicht. Es schleicht sich mit der Zeit so ein, dass du deinem Partner bestimmte Dinge nicht mehr erzählst, weil du seine Reaktion schon erahnen kannst und diese möglicherweise vermeiden möchtest. Oder es gab Momente, in denen du ihn gebraucht hast und er war nicht da. Vielleicht kam es sogar zu einem großen Vertrauensbruch, den ihr nie richtig verarbeitet habt. Das hast du dir gemerkt und es bleibt eine Verletzung, deren Schmerz immer wieder hochkommt. Für eure Beziehung, aber auch für dich, kann das sehr belastend sein.
Verdient man sich Vertrauen?
Vertrauen muss zu Beginn einer jeden Beziehung erst aufgebaut werden, und das ist ein Prozess. Die anfängliche Verliebtheit beschleunigt diesen Prozess oft. Wir reden dann ja auch von der rosaroten Brille. Doch die Erfahrungen danach stellen das Vertrauen wieder auf die Probe.
Ich finde, bei Vertrauen passt immer das Bild von einem Bankkonto sehr gut. Wir zahlen mit unserem Verhalten dem anderen gegenüber in ein imaginäres Konto ein. Tut dein Partner etwas, das Vertrauen erweckt, dann zahlt er ein. Tut er etwas, das das Vertrauen mindert (z.B. lügen), hebt er ab und der Vertrauenswert auf dem Konto verringert sich.
Was erweckt Vertrauen?
Der Weg, um wieder Vertrauen aufzubauen, besteht also ganz einfach ausgedrückt darin, wieder in das Vertrauenskonto deines Partners einzuzahlen und nicht mehr abzuheben. Wie du in das Konto eines jeden einzahlen kannst, ist unterschiedlich, es gibt aber einige Grundprinzipien, die ich hier teilen möchte.
Es sind oft eher kleine Details und weniger große Gesten
Die klassischen Blumen und Briefe, große Versprechen und Worte können gut gemeint sein, machen aber oft keinen Unterschied. Kleine Details sind die Dinge, die spontan im Alltag passieren. In der Beratung höre ich so Beispiele wie:
– Er hat an den Geburtstag meiner Mutter gedacht.
– Sie hat sich die Zeit genommen und meinen Text wirklich ganz durchgelesen und ehrlich gesagt, was sie dazu gedacht hat.
– Er ist bei wichtigen Terminen immer pünktlich.
Es sind mehr Taten als Worte
Es ist wichtig zu reden, anzuerkennen, sich zu entschuldigen und zu klären. Aber noch wichtiger ist, was danach passiert. Werden Versprechen eingehalten? Ist die Veränderung auch langfristig spürbar?
Werden Grenzen respektiert?
Vertrauen wird bei manchen schneller wieder aufgebaut wie bei anderen. Dass dein Partner dir Zeit gibt und Verständnis zeigt für deine Grenzen, ist ein großer Vertrauensbeweis. Es bedeutet, dass niemand versucht, den anderen zu kontrollieren.
Offene und ehrliche Kommunikation ist entscheidend, um Vertrauen in einer Beziehung wiederherzustellen. Ihr solltet in der Lage sein, über eure Gefühle, Bedenken und Wünsche zu sprechen, ohne Angst vor Verurteilung oder Ablehnung zu haben.
Verständnis und Empathie
Versucht dein Partner sich in deine Situation hineinzuversetzen? Merkst du, er oder sie bemüht sich, dich zu verstehen und wirklich diese Verbindung wiederherzustellen?
Was erweckt Vertrauen in dir?
Es gibt auch persönliche Aspekte in dir, die dafür sorgen, dass wieder Vertrauen in dein Konto eingezahlt wird. Was sind so kleine Details in deinem Alltag? Was ist dir wichtig, damit du vertrauen kannst? Weiß dein Partner das?
Fällt es dir schwer, wieder Vertrauen aufzubauen?
Das Bild von dem Vertrauenskonto ist einfacher gesagt als getan. Als Mensch funktionierst du nicht so einfach wie ein Bankkonto.
Ich sehe in der Beratung immer wieder, wie Partner wieder Vertrauen wollen, gleichzeitig fällt es ihnen sehr schwer, das „Konto“ überhaupt wieder zu eröffnen. Das ist eine kritische Situation, denn an diesem Punkt ist dann egal, was der Partner macht, die Bank hat für ihn geschlossen. Das bedeutet, deine inneren Barrieren wehren sich dagegen, nochmals etwas von deinem Partner anzunehmen.
Wie du mit inneren Vertrauensbarrieren umgehen kannst
Wenn du merkst, dass egal, was dein Partner auch tut, es nicht mehr bei dir ankommt, liegt die Entscheidung wieder bei dir. Bist du bereit, dich deinen inneren Barrieren zu stellen? Oder wird dir klar, dass diese Barrieren aus gutem Grund vorhanden sind?
In der Beratung stehen Partner oft an diesem Punkt. Sie wollen, aber irgendwie können sie nicht. Die Beratung dreht sich dann im Kreis, wenn keine bewusste Entscheidung getroffen wird. Entweder du stellst dich deinen Barrieren, oder du beendest die Beziehung, denn Vertrauen ist nicht mehr möglich.
Das ist keine leichte Entscheidung, deshalb nehmen wir uns Zeit, um deine Situation genau zu verstehn.
Es muss eine bewusste Bereitschaft entstehen
Der erste Schritt, um wieder Vertrauen in einer Beziehung aufzubauen, liegt also nicht bei deinem Partner, sondern bei dir. Bist du bereit, für diese Person noch einmal „das Konto“ zu eröffnen? Kannst du dich auf diesen Prozess einlassen? Was genau brauchst du dafür von deinem Partner? Ihr erarbeitet sozusagen einen neuen Vertrag.
Vertrauen wiederherzustellen erfordert Zeit und Geduld
Es ist wichtig, realistische Erwartungen zu haben und sich bewusst zu machen, dass dieser Prozess nicht über Nacht geschehen kann.
Professionelle Unterstützung, zum Beispiel durch Paartherapie oder Beratung, soll dazu dienen, wieder Licht ins Dunkel zu bringen. Ein neutraler Dritter kann dabei helfen, innere Barrieren zu verstehen und den Prozess des Vertrauensaufbaus zu erleichtern.